Die Schlacht im Hürtgenwald - II. Teil

Oberstleutnant
i.G. Klaus Hammel

II. Auftrag der 9. (US) Infanteriedivision

Absicht des VII. Korps

Die nunmehr im Raum südlich Schevenhütte, ostwärts Zweifall konzentrierte 9. (US)InfDiv erhielt den Auftrag, die im Monschau-Korridor auf einer Hochfläche liegende Ortschaft Schmidt zu nehmen. Der Angriffsbeginn wurde auf den 05.10. 1944 festgelegt. Welche Absicht verfolgte damit das VII. (US)Korps?

Das VII. Korps hatte den Auftrag, mit den Hauptkräften im Zuge der Achse Aachen - Düren auf den Rhein bei Köln vorzustoßen. Solange das geschlossene Waldgebiet westlich der Rur noch in deutscher Hand war, befürchtete General Collins hieraus eine Bedrohung seiner rechten Flanke. Neben diesem mehr defensiv zu sehenden Grund bot die Wegnahme des Raums Schmidt eine Reihe von wesentlichen Vorteilen zur Unterstützung der eigenen Operationsführung:

Zusammengefaßt bestand die Absicht des VII. Korps darin, sich nach der Wegnahme der Hochfläche von Schmidt und dem Vorstoß aus dem Raum Monschau bis an die Rur heranzuschieben, so einen breiten Kräfteansatz zu ermöglichen, und sich unter Abstützung auf den Oberlauf des Flusses eine geschützte rechte Flanke zum Vorstoß auf den Rhein zu schaffen.

Die Rur-Stauseen

Die Diskussion um die Bedeutung der Rur-Stauseen und die Frage, ob diese Bedeutung durch die amerikanische Führung (12. HGr, I.Armee und VII. bzw. V. Korps) richtig eingeschätzt wurde, nimmt in der US-Literatur und in den Befragungen der deutschen Generale durch die Historical-Division einen breiten Raum ein. Für die Zwecke dieser Beschreibung bleibt festzuhalten: Weder für den Ansatz der 9. InfDiv, noch später im November für den Ansatz der 28. (US)InfDiv, spielte die Wegnahme dieser Stauseen irgendeine Rolle, obwohl ihre Bedeutung (Fluten und damit Übereinschwemmung des Rur-Tales für etwa 14 Tage) beim Vorstoß auf den Rhein auf der Hand lag. OB West und 7. Armee hatten die Bedeutung der Stauseen für die eigene Operationsführung erkannt und handelten, besonders im November 1944, danach. Mehr soll an dieser Stelle nicht darüber ausgeführt werden.

Die 9. (US) Infanteriedivision

Die Gliederung der Division und ihrer bekannten oder anzunehmenden Verstärkungen zeigt die Übersicht 1. Hierzu ist zu ergänzen: Im Zeitraum 30.09. bis 05.10. wird den in den Septemberkämpfen abgekämpften Infanterieregimentern wohl Ersatz zugeführt worden sein, so daß die personelle und materielle Stärke der Division zwischen 80 und 90% des Solls betragen haben dürfte. Der Personalersatz war jedoch noch nicht ausreichend eingegliedert, unzureichend ausgebildet und im Waldkampf nicht erfahren, so daß die Kampfkraft geringer anzusetzen ist, als es die IST-Zahlen über Personal und Material ausdrücken.

  • Übersicht 1
    Übersicht 1: Truppeneinteilung 9.(US)InfDiv
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Die US-InfDiv wurden in jener Zeit durch zusätzliche ArtBtl, PiBtl und unabhängige Pz- oder PzJgBtl verstärkt. Letztere wurden häufig auch im artilleristischen Einsatz zur Feuerunterstützung eingesetzt. Aus den InfRgt, den organischen ArtBtl FH 105 mm und den organisch unterstellten PiBtl wurden häufig sogenannte „RgtGruppen" gebildet, bestehend aus einem InfRgt, einem ArtBtl und einer PiKp. Panzer und Panzerjäger wurden, je nach Lage, kompanie- oder zugweise zur unmittelbaren Unterstützung den InfRgt oder-Btl zugeteilt. 7

  • Skizze4
    Skizze 4: Angriff I./60, 06.-09.10.1944
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Angriffsziel: Schmidt (Der Operationsplan)

Den Ansatz der Kräfte, die Führungslinien und die Angriffsziele zeigt die Skizze 1. Der DivKdr der 9. InfDiv hatte seine beiden InfRgt nebeneinander angesetzt und eng zusammengefaßt. Dies war dadurch möglich gewesen, daß das unterstellte 298. PiBtl einen Sicherungsauftrag zwischen dem 47. Rgt und etwa Pkt. 312 übernahm. Neben der 28.PzAufklKp, die - erstaunlicherweise - als Reserve zurückgehalten wurde, verfügte die Divisionsführung über das III./60 als weiteren Reserveverband, der aber zunächst am 05.10. einen Scheinangriff gegen die Bunkergruppen nördlich Peterberg zu führen hatte.

Die kräftezehrenden Kämpfe im September und die erforderlichen hohen Personalstärken für den Waldkampf hatten zu dem konzentrierten Ansatz der beiden InfRgt geführt. Nebeneinander antretend und vorgehend hatten 39. und 60. InfRgt zunächst die Ortschaft Germeter und die nördlich, bzw. südlich davon liegenden Siedlungen Wittscheidt und Richelskaul (heute Ortsteil von Vossenack) zu nehmen. Die Wegnahme dieser Ortschaften sollte die Höhenstraße Monschau - Hürtgen - Düren unterbrechen. Das 39. Rgt hatte darüber hinaus Flankenbedrohungen aus dem Raum Hürtgen auszuschalten.

Nach Wegnahme der ersten Angriffsziele sollte das 39. Rgt über Vossenack und den Kall-Grund auf Schmidt vorstoßen, wohingegen das 60. Rgt nach Süden eindrehend im Zuge der Höhenstraße anzugreifen hatte, um zwei Wegekreuze, die Kreuzung am Punkt 471 und die “Raffelsbrand-Kreuzung” (heute Abzweigung von der B 399 nach Simmerath) zu nehmen. Damit waren einerseits weitere wichtige Verbindungsstraßen in eigener Hand, andererseits konnten hier Flankenbedrohungen aus dem Raum Lammersdorf-Rollesbroich abgeriegelt werden. Man beabsichtigte danach weiter in den Raum Monschau-Korridor vorzustoßen. Panzer sollten in größerem Umfang erst auf den offenen Hochflächen eingesetzt werden.

Zwei divergierende Angriffsziele, Luftlinie nach Schmidt ca. 9 km, meist durch den Wald, eine offene Nordflanke von etwa 6 km - wieder ein ehrgeiziger Plan, der weniger auf eigener Stärke als auf der Annahme eines schwachen Gegners beruhte.


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Quelle: HEER - “Vor 40 Jahren” - Truppenpraxis 10/84 - Oberstleutnant i. G. Klaus Hammel

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